Afrikanische Schweinepest: Live-Interview in der Sendung “Die Ratgeber”

3. Oktober 2020

Nachdem die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Brandenburg ausgebrochen ist, herrscht auch in allen anderen Bundesländern eine erhöhte Alarmbereitschaft. Es gilt tot aufgefunde Wildschweine möglichst schnell zu untersuchen, damit ein möglicher Viruseintrag frühzeitig entdeckt wird und weitere Maßnahmen getroffen werden können. Jägerinnen und Jäger aber auch Spaziergänger mit Hunden oder Pilzsucher spielen beim Auffinden von toten Wildschweinen eine wichtige Rolle. Deshalb hat mich die Redaktion der Sendung “Die Ratgeber” (Hessischer Rundfunk) als Pressesprecher des Landesjagdverbandes Hessen e. V. am Freitag, 2. Oktober 2020 zu einem Live-Gespräch in die Sendung nach Frankfurt eingeladen.

Zur Sendung “Die Ratgeber” vom 2. Oktober 2020 “Afrikanische Schweinepest”

Die Afrikanische Schweinepest erreichte die Europäische Union bereits im Jahr 2014 und breitete sich seitdem mit hoher Geschwindigkeit in Osteuropa aus. Nachdem im September 2020 erste Fälle in Brandenburg bekannt wurden und nun weitere Kadaverfunde auf einen Ausbruch in der ersten Juli-Hälfe hindeuten, wird klar, wie wichtig es ist, verendete Tiere im Rahmen eines präventiven Monitorings zu untersuchen.

Wie gehen andere Bundesländer wie z. B. Hessen im Moment mit den Wildschweinen um?

Nachdem in den vergangenen Jahren fast in allen Bundesländern Tierseuchenübungen stattgefunden haben, schauen wir nun nach Brandenburg, wie sich diese Maßnahmen in der Praxis umsetzen lassen. Wichtig ist die sofortige Abriegelung der Kernzone rund vier Kilometer um den ersten Kadaverfundort. Sobald die Afrikanische Schweinepest vom nationalen Referenzlabor, dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigt wurde, muss innerhalb weniger Tage die “gefährdete Zone”, in der sich die “Kernzone” befindet, wildschweinsicher eingezäunt werden. Die Zaunlänge richtet sich nach den topografischen Gegebenheiten, bisher ist der Zaun in Brandenburg 60 Kilometer lang. Einen Zaun auf dieser Länge zu kontrollieren und unter Strom zu halten ist jedoch enorm schwierig. Schon bei einem nur geringen Wind fallen Äste auf den Zaun, können ihn zerstören oder den Strom so ableiten, dass der elektrische Impuls keine abschreckende Wirkung mehr auf das Schwarzwild hat. Zudem scheinen Freizeitsuchende die Zaunmaßnahmen zu boykottieren. In Hessen haben wir glücklicherweise noch keinen positiven ASP-Befund (Stand: 3. Oktober 2020). Es gilt aber weiterhin die Prämisse einer verschärften aber waidgerechten Schwarzwildbejagung, auch wenn insbesondere die Gesellschaftsjagden unter Corona-Bedingungen teilweise nur eingeschränkt durchgeführt werden können. Der menschliche Gesundheitsschutz steht für die Jägerinnen und Jäger an erster Stelle.

Ziel: Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest bereits präventiv eindämmen

Durch eine verstärkte Bejagung kann der Schwarzwildbestand bereits vorsorglich reduziert werden. Denn wenn angenommen auf einer Fläche nur 50 statt 100 Schwarzkittel leben, ist die Ansteckungsgefahr deutlich geringer. Das Virus breitet sich nicht so schnell aus und es wird zudem einer Weiterverbreitung in andere Bereiche vorgebeugt. Allerdings ist die Bejagung momentan das einzige wirksame Mittel, um der Afrikanischen Schweinepest aktiv entgegentreten zu können. Eine Impfung gegen die ASP gibt es noch nicht und wird es auch so bald nicht geben. Die Einschleppung des für Haus- und Wildschweine gefährlichen Virus lässt sich allerdings trotz aller Bemühungen nicht sicher verhindern.

ASP-Einschleppung durch Rohwurstwaren wahrscheinlich

Würde das Virus von Wildschwein zu Wildschwein übertragen, dauert es mehrere Jahre bis es von Brandenburg nach Hessen “wandern” würde. Die Verbreitung von Tier zu Tier geht nämlich mit nur rund 30 Kilometern im Jahr sehr langsam voran. In einem Auto oder LKW geht das bedeutend schneller. Nicht, dass dazu kranke Tiere transportiert werden müssten, ein roh verarbeitetes Fleischprodukt aus einem Risikoland reicht dafür völlig aus. Bringt nun ein Urlaubsrückkehrer, Fernfahrer oder zum Beispiel auch ein Saisonarbeiter aus einem Land wie Polen, Ungarn, Slowakei, Rumänien, Bulgarien oder aus den baltischen Staaten eine Salami, einen rohen Schinken oder einen Pfefferbeißer mit und “entsorgt” die Reste davon durch achtloses Wegwerfen, kann das Virus bereits in die hiesige Schwarzwildpopulation eingeschleppt werden.

Hinweisschild: Afrikanische Schweinepest

Warnschilder auf Rastplätzen und an Grenzübergängen

Deshalb sind sowohl in der Nähe der ehemaligen Grenzübergänge sowie auf vielen Autobahnparkplätzen entsprechende Hinweisschilder in verschiedenen Sprachen aufgestellt worden. Die Autobahnparkplätze sind jedoch häufig überfüllt und LKWs stehen in der Nacht an Bundesstraßen oder Feldwegen. Wird hier der Wurstzipfel aus dem Fenster geworfen, ist das Risiko besonders hoch, dass Schwarzwild diese Nahrungsreste findet und aufnimmt. Zudem hält sich das ASP-Virus bis zu sechs Monate in rohen Fleischprodukten.


Hören Sie dazu auch den Jagd-Podcast jagdtalk zur Afrikanischen Schweinepest mit dem Leiter der Veterinärmedizinischen Klinik für Schweine an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Prof. Dr. Dr. habil Gerald Reiner.

Was sollten Spaziergänger tun, wenn sie im Wald ein totes Wildschwein finden?

Es ist unwahrscheinlich, dass Spaziergänger, die auf Wald- oder Feldwegen unterwegs sind, ein an der Afrikanischen Schweinepest verendetes Wildschwein finden. Schon 3-4 Tage nach der Infektion werden die Wildschweine sehr krank, haben hohes Fieber und ziehen sich deshalb ins Dickicht oder an kühlende Wasserstellen, wie Tümpel zurück. Pilzsucher könnten am ehesten auf einen Kadaver stoßen oder natürlich auch Jäger und Hundeführer, die während der Drückjagdsaison in Dickungen unterwegs sind. Dann gilt es die Fundstelle zu markieren, die GPS- Koordinaten zu speichern und das Veterinäramt bzw. die Polizei zu benachrichtigen.

Am einfachsten gelingt diese Meldung über die App “Tierfund-Kataster”, die sowohl für Apple- als auch für Androidgeräte zur Verfügung steht. In der App kann das aufgefundene Tier fotografiert werden und mitsamt der Geo-Koordinaten an die Universität Kiel übermittelt werden, die wiederum automatisch das zuständige Veterinäramt informiert.

Ansonsten können z. B. auch gekennzeichnete Wanderwege, Rettungspunkte oder Forstabteilungen (die entsprechenden Abteilungsnummern sind häufig auf Bäumen zu finden) angegeben werden. Befindet sich der Fundort im Dickicht, ist es sinnvoll am nächst gelegenen Weg eine Markierung z. B. mit einem Papiertaschentuch anzubringen.

Kann sich ein Hund mit der Afrikanischen Schweinepest infizieren?

Der Hund sollte auf keinen Fall an das tote Wildschwein herangelassen werden. Das gilt übrigens auch für alle anderen tot aufgefunden Wildtiere. Auch wenn die Afrikanische Schweinepest nicht auf Hunde übertragbar ist, lauern in Wildschweinkadavern auch andere gefährliche Erreger, wie z. B. das Aujeszky-Virus, welches die tödlich verlaufende Pseudowut übertragen kann.

Kann man Wildschweine, die sich mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert haben an äußeren Merkmalen oder am Verhalten erkennen?

Schon kurze Zeit nach der Infektion (meist nach 3-4 Tagen) treten die ersten Symptome wie hohes Fieber auf. Schwarzwild kann dann desorientiert wirken oder die natürliche Scheu vor dem Menschen verlieren. Wenn die Erkrankung weiter fortgeschritten ist, sind auch Blutungen aus der Nase (Wurf) oder dem Maul (Gebräch) möglich. In der Regel verenden die Wildschweine eine Woche nachdem die ersten Symptome aufgetreten sind. Verhaltensauffälliges Schwarzwild sollte daher ebenfalls der Polizei gemeldet werden. Auch Tiere, die am Tag unvermittelt auf die Straße laufen oder desorientiert wirken, können möglicherweise am ASP-Virus erkrankt sein.

Was sollte ich tun, wenn ich einem lebendigen Wildschwein begegne?

Wildschweine sehen sehr schlecht, sie nehmen meist nur Bewegungen wahr. Am besten ist es daher ruhig stehen zu bleiben. Vor einem Baum oder einem anderen Hintergrund können die menschlichen Konturen so fast ganz miteinander verschmelzen. Einfach abwarten, ruhig stehenbleiben bis das Schwarzwild weiterzieht. Besonders brenzlig kann es werden, wenn Schwarzwild nach einem Verkehrsunfall verletzt ist oder wenn eine Bache ihre Frischlinge beschützen möchte. Deshalb sollte man nie zwischen den Frischlingen und der Bache stehen. Sollte es doch vorkommen, gilt es schnell den Weg frei zu machen. Gleiches gilt auch, wenn sich ein Wildschwein in die Enge getrieben fühlt. Es möchte der Situation nur entfliehen, deshalb: Fluchtweg freihalten. Wenn kein Ausweichen mehr möglich ist, hilft nur ein beherzter Sprung zur Seite!

Wie kann ich dazu beitragen, dass sich die Afrikanische Schweinepest nicht weiter ausbreitet oder in andere Gebiete eingeschleppt wird?

Sollten Sie aus einem der vom Friedrich-Loeffler-Institut definierten Risikogebiete zurück nach Deutschland reisen, sollten Sie niemals tierische Lebensmittel (vom Schwein) wie Rohwurst, Salami, Pfefferbeißer, Cabanossi oder rohen Schinken mitbringen! Für Jägerinnen und Jäger gilt es keine Trophäen, Schwarten o. Ä. nach Deutschland einzuführen. Falls Sie sich in der Nähe von Schwarzwild, z. B. im Wald oder bei einer Jagd aufgehalten haben, müssen alle Kleidungsstücke und Gegenstände, die Sie dabei hatten zuerst gründlich gereinigt und dann desinfiziert werden. Kleidung sollten Sie bei mindestens 40 Grad mit Waschpulver (Tenside), besser bei 60 Grad in einem langen Waschprogramm waschen. Wanderschuhe oder Stiefel sollten mit Seife gereinigt werden. Das Schuhprofil muss völlig frei von Verschmutzungen sein und darf erst nach dem Abtrocknen mit Desinfektionsmittel behandelt werden. Verwenden Sie ein Flächendesinfektionsmittel, welches behüllte Viren inaktivieren kann. Nach dem Reinigen von Schuhen oder sonstigen Gegenständen (Messer, Fernglas, Jagdwaffe, usw.) sollten die Hände gründlich gewaschen und desinfiziert werden.

Informieren Sie Familie, Freunde und Bekannte, die evtl. aus Risikogebieten einreisen. Gleiches gilt, wenn Sie Fernfahrer oder z. B. Saisonarbeitskräfte aus Risikoländern kennen. Nur durch frühzeitige Informationen und ein bedachtes Handeln, können wir verhindern, dass sich die Afrikanische Schweinepest weiter in Deutschland ausbreitet.

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